Mit derzeit rund 52.000 Soldaten ist Deutschland der zweitgrößte Stationierungsort der US-Armee. Doch wie lange noch? "Die Amerikaner werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ihre Truppenpräsenz in Europa weiter zurück fahren und damit auch Standorte schließen", wagt Otfried Nassauer, Leiter des Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS), einen Blick in die Zukunft. Einige Regionen in Deutschland könnten aufgrund der neuen militärischen Ausrichtung der USA wirtschaftlichen Schaden nehmen, sollten die US-Amerikaner wirklich ihre Truppenstärke hierzulande reduzieren. Auch Oliver Thränert, Sicherheits-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik geht von Truppenreduzierungen aus, rechnet aber nicht mit einem "vollständigen Abzug", erläutert er im Interview mit DW-WORLD.DE. "Vor allem der Standort Ramstein ist für die Kommando- und Kommunikationsstrukturen, sowie für die medizinische Versorgung von enormer Bedeutung für die amerikanischen Soldaten."
Konkreter werden die Auswirkungen der neuen Strategie für Deutschland, wenn man in eine auf der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlichte Geheim-Depesche des US-Außenministeriums blickt. Die Depesche stammt vom 21. Januar 2010. Der streng vertrauliche Inhalt: Bis spätestens 2015 sollen insgesamt 10.471 US-Soldaten und -Angestellte aus Deutschland abgezogen werden. Betroffen sind 23 Standorte vornehmlich in Hessen und Baden-Württemberg. Die aufgegebenen Objekte sollen der Bundeswehr übergeben werden, doch aufgrund der tiefgreifenden Bundeswehrreform wird man dort sicherlich nur begrenzten Bedarf haben. In Mannheim rechnet man daher aufgrund des Truppenabzugs mit Haushaltseinbußen in Höhe von rund sechs Millionen Euro - pro Jahr. In Heidelberg, der ältesten US-Garnisonsstadt, gar mit 7,5 Millionen Euro Verlust.
Amerikaner haben noch Kernwaffen in Deutschland
Ramstein Air Base: Wichtiger Stützpunkt für die US-Armee in Deutschland
Was mit den letzten 20 stationierten Atomwaffen der USA auf dem Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz passieren soll, ist in dem neuen Strategiepapier nicht vermerkt. Zwar stehe in dem Papier, dass die Amerikaner zu der "klassischen Verteidigung" Europas nicht mehr so stark beitragen müssten, wie in der Vergangenheit, sagt BITS-Leiter Nassauer. Trotzdem wollen sie ihren Bündnisverpflichtungen durch Stationierung und Truppenpräsenz in Europa weiter nachkommen. "Sollten sie aber ihre Truppenstärke reduzieren, könnten die USA im Gegenzug ihre nuklearen Waffen stärker politisch signalisieren", sagt Nassauer. Damit es nicht heisse, die Amerikaner kämen ihren Verpflichtungen nicht mehr nach. Insofern könnte ein anders gewichtetes Argument für die kontinuierliche Präsenz von Kernwaffen entstehen. Allerdings hatte sich Präsident Obama den Kampf für eine atomwaffenfreie Welt auf die Fahnen geschrieben. "Man könnte es auch so interpretieren, dass über weitere nukleare Abrüstung nachgedacht wird."